Das Rabennest

Das Rabennest

[130] Zwei Knaben, jung und heiter,

Die tragen eine Leiter.
[130]

Das Rabennest

Im Nest die jungen Raben,

Die werden wir gleich haben.
[131]

Das Rabennest

Da fällt die Leiter um im Nu,

Die Raben sehen munter zu.


Das Rabennest

[132] Sie schreien im Vereine:

»Man sieht nur noch die Beine!«
[133]

Das Rabennest

Der Jäger kommt an diesen Ort

Und spricht zu seinem Hund: »Apport!«


Das Rabennest

Den Knaben apportiert der Hund,

Der Jäger hat die Pfeif' im Mund.
[134]

Das Rabennest

»Nun hole auch den andern her!«

Der Schlingel aber will nicht mehr.


Das Rabennest

Der Jäger muß sich selbst bemühn,

Den Knaben aus dem Sumpf zu ziehn.
[135]

Das Rabennest

Zur Hälfte sind die Knaben

So schwarz als wie die Raben.


Das Rabennest

Der Hund und auch der Jägersmann

Die haben schwarze Stiefel an.


Das Rabennest

Die Raben in dem Rabennest

Sind aber kreuzfidel gewest.
[136]

Quelle:
Wilhelm Busch: Werke. Historisch-kritische Gesamtausgabe, Bde. I-IV, Band 1, Hamburg 1959, S. 130-137.
Lizenz:

Buchempfehlung

Diderot, Denis

Die Nonne. Sittenroman aus dem 18. Jahrhundert

Die Nonne. Sittenroman aus dem 18. Jahrhundert

Im Jahre 1758 kämpft die Nonne Marguerite Delamarre in einem aufsehenerregenden Prozeß um die Aufhebung ihres Gelübdes. Diderot und sein Freund Friedrich Melchior Grimm sind von dem Vorgang fasziniert und fingieren einen Brief der vermeintlich geflohenen Nonne an ihren gemeinsamen Freund, den Marquis de Croismare, in dem sie ihn um Hilfe bittet. Aus dem makaberen Scherz entsteht 1760 Diderots Roman "La religieuse", den er zu Lebzeiten allerdings nicht veröffentlicht. Erst nach einer 1792 anonym erschienenen Übersetzung ins Deutsche erscheint 1796 der Text im französischen Original, zwölf Jahre nach Diderots Tod. Die zeitgenössische Rezeption war erwartungsgemäß turbulent. Noch in Meyers Konversations-Lexikon von 1906 wird der "Naturalismus" des Romans als "empörend" empfunden. Die Aufführung der weitgehend werkgetreuen Verfilmung von 1966 wurde zunächst verboten.

106 Seiten, 6.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.

434 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon