Der alte Zieten

[207] Joachim Hans von Zieten,

Husarengeneral,

Dem Feind die Stirne bieten,

Er tat's wohl hundert Mal;

Sie haben's all' erfahren,

Wie er die Pelze wusch,

Mit seinen Leibhusaren

Der Zieten aus dem Busch.


Hei, wie den Feind sie bläuten

Bei Hennersdorf und Prag,

Bei Liegnitz und bei Leuthen,

Und weiter Schlag auf Schlag;

Bei Torgau, Tag der Ehre,

Ritt selbst der Fritz nach Haus,

Doch Zieten sprach: »Ich kehre

Erst noch mein Schlachtfeld aus.«


Sie kamen nie alleine,

Der Zieten und der Fritz,

Der Donner war der eine,

Der andre war der Blitz.

Es wies sich keiner träge,

Drum schlug's auch immer ein,

Ob warm', ob kalte Schläge,

Sie pflegten gut zu sein. –


Der Friede war geschlossen,

Doch Krieges Lust und Qual,

Die alten Schlachtgenossen

Durchlebten's noch einmal.

Wie Marschall Daun gezaudert,

Und Fritz und Zieten nie,

Es ward jetzt durchgeplaudert

Bei Tisch, in Sanssouci.[207]


Einst mocht' es ihm nicht schmecken,

Und sieh, der Zieten schlief,

Ein Höfling wollt' ihn wecken,

Der König aber rief:

»Laßt schlafen mir den Alten,

Er hat in mancher Nacht

Für uns sich wach gehalten,

Der hat genug gewacht.« –


Und als die Zeit erfüllet

Des alten Helden war,

Lag einst, schlicht eingehüllet,

Hans Zieten, der Husar;

Wie selber er genommen

Die Feinde stets im Husch,

So war der Tod gekommen

Wie Zieten aus dem Busch.


Quelle:
Theodor Fontane: Sämtliche Werke. Bd. 1–25, Band 20, München 1959–1975, S. 207-208.
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