Silvia
Silvia

[563] SILVIA.

– – – Jüngling! da du so

Dein Fräulein liebst, verehr ich dir dies Geld,

Gehab dich wohl.


Sie geht ab.


JULIE.

Wenn du sie je erkennst, sagt sie dir Dank.

Ein tugendhaftes Mädchen, mild und schön.

Ich hoffe, kalt empfängt sie meinen Herrn,

Da meines Fräuleins Liebe sie so ehrt.

Wie Liebe mit sich selber tändelt! – Ach!

Hier ist ihr Bild. Ich will doch sehn. Mich dünkt,

Mein Antlitz wäre – hätt ich solchen Schmuck –[563]

Gewiß so reizend als ihr Angesicht.

Und doch der Maler schmeichelt ihr ein wenig,

Wenn ich mir selbst zuviel nicht schmeicheln mag:

Ihr Haar ist braun, mein Haar vollkommen gelb.

Ist dieses seines Leichtsinns einz'ger Grund,

So schmück ich mich mit falschem, braunem Haar.

Ihr Aug' ist grau wie Glas; so ist auch meins.

Ja! doch die Stirn ist niedrig, meine hoch.

Was kann's nur sein, was er an ihr so schätzt,

An mir ich ihn nicht schätzend machen kann?


Die beiden Veroneser (Akt IV, Szene IV)

Quelle:
Heinrich Heine: Werke und Briefe in zehn Bänden. Band 5, Berlin und Weimar 21972, S. 563-564.
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