Klopstock's lyrische Poesie

[298] Stets die blühende, zarte Blume,

Wo sie blühe! die mächt' gen Schauer Gottes

Tragend, weckend im Hauch der Allerfüllung Gottes

Ihren lispelnden Goldklang,


Oder wilder im Bardenhaine

Rauschend, Tochter der edlen Mutter Hertha,

Stolze Tochter, im Sturm des fernen Väterhochsangs

Roth und stolzer erzogen;


Lieblich immer. O aber Blume,

Du mir lieblicher, mir, der Morgensonne

Strahlenharfe, den Himmel tönend, wenn an Deines

Mädchens Krone Du blühest,


Ihr am Busen, o Engel, Engel!

Welche Seele! Die zartsten, unbewegtsten

Saiten klingen! die Kelche duften! Hundert Farben

Kleiden schöner die Braut an,


Edens Wohnerin, Blumenseele.

Und sie starb, der Du blühetest! da sankest

Du auch nieder, ertöntest Todeslaut, bis wieder

Dir – welch anderer Trost kam!


Vaterland! und das süße Wahnbild

Täuscht Dich noch, und die Bardensprache tönt Dir

Bardesang! und erfindest ihm Stimmen! Hermann's Barden,

Wie sie edel Dir singen!


Singe, täusche Dich lang', entschlummre

Nie dem zweiten geliebten Wahnesbilde,[298]

Hermann's Barden! und Vaterland! denn, ach, entschaden

Sie Dir alle denn, Cidli?


Quelle:
Johann Gottfried Herder: Werke. Erster Theil. Gedichte, Berlin 1879, S. 298-299.
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