Als sie des Sonntags zu einer Lustreise nach Charlottenburg eingeladen wurde, und sie sich entschuldigte, weil sie den Herrn Rath Spalding predigen hören müßte

[127] 1765.


Gern führ' ich auf der stillen Spree

In einem schön beladnen Kahne,

Wo mit dem schlanken Arm Dein Neubau'r ruderte,

Vorbei an einem stolzen Schwane.


O Wilke! gerne wär ich da,

Wo ländlich wird geschmauset werden.

Der Baumentkleidende, reifreiche Herbst kommt nah,

Dann blöken uns nicht mehr die Heerden.


Die Lerche schwingt sich nicht empor,

Und in dem Garten, in dem Hayne

Ist nichts Ergötzendes für unser Aug und Ohr

Bei mattgewordnem Sonnenscheine.
[127]

Jezt ist es billig, daß wir noch

Die letzten Sommertage geizend

Erhaschen zum Gebrauch, dies weiß ich; aber doch

Mir sind noch andre Scenen reizend.


Die Tempel Gottes öffnen sich

Dem Edlen und dem Volke morgen;

Ein Spalding auf der Rednerbühne lehret mich

Für mein unsterblich Theil zu sorgen.


Den will ich hören. Durstig soll

Mein Geist in sich die Worte schlingen,

Und einer Biene gleich, von Süßigkeiten voll,

Will ich mein Herz zurücke bringen.
[128]

Quelle:
Anna Louisa Karsch: Gedichte von Anna Louisa Karschin, geb. Dürbach. Berlin 1792, S. 127-129.
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