3. Der Herr gab dir ein gutes Augenpaar

[271] Der Herr gab dir ein gutes Augenpaar,

Du weißt damit zu blicken lieb und klar.

Mit feiner Hand hältst du in schönen Banden,

Das er dir gab, dein anmutreiches Haar.

Gleich einer Palme aus den Morgenlanden

Ließ er dich wachsen, der im Anfang war;

Du aber weißt dich köstlich zu gewanden,

Daß sich verdunkelt deiner Schwestern Schar.

Wie dankbar du des Schöpfers Sinn verstanden,

Als seine Interpretin legst du dar!


Quelle:
Gottfried Keller: Sämtliche Werke in acht Bänden, Band 1, Berlin 1958–1961, S. 271-272.
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