Hermann und Thusnelda

[111] Ha, dort kömt er mit Schweiss, mit Römerblute,

Mit dem Staube der Schlacht bedeckt! so schön war

Hermann niemals! So hats ihm

Nie von dem Auge geflammt!


Kom! ich bebe vor Lust! reich mir den Adler

Und das triefende Schwert! kom, athm', und ruh hier

Aus in meiner Umarmung,

Von der zu schrecklichen Schlacht!


Ruh hier, dass ich den Schweiss der Stirn abtrockne,

Und der Wange das Blut! Wie glüht die Wange!

Hermann! Hermann! so hat dich

Niemals Thusnelda geliebt!
[112]

Selbst nicht, da du zuerst im Eichenschatten

Mit dem bräunlichen Arm mich wilder fasstest!

Fliehend blieb ich, und sah dir

Schon die Unsterblichkeit an,


Die nun dein ist! Erzählts in allen Hainen,

Dass Augustus nun bang mit seinen Göttern

Nektar trinket! dass Hermann,

Hermann unsterblicher ist!


»Warum lockst du mein Haar? Liegt nicht der stumme

Todte Vater vor uns? O hätt' Augustus

Seine Heere geführt; er

Läge noch blutiger da!«


Lass dein sinkendes Haar mich, Hermann, heben,

Dass es über dem Kranz' in Locken drohe!

Siegmar ist bey den Göttern!

Folg du, und wein' ihm nicht nach!


Quelle:
Friedrich Gottlieb Klopstock: Oden, Band 1, Leipzig 1798, S. 111-113.
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