An den Frühling

[327] Noch immer, Frühling, bist du nicht

Gekommen in mein Tal,

Wo ich dein liebes Angesicht

Begrüßt das letztemal.


Noch stehn die Bäume dürr und bar

Um deinen Weg herum[327]

Und strecken, eine Bettlerschar,

Nach dir die Arme stumm.


Frühblumen wähnten dich schon hier,

Frost bringt sie um ihr Glück,

Sie sehnten sich heraus nach dir

Und können nicht zurück.


Die Schwalbe fliegt bestürzt umher

Und ruft nach dir voll Gram,

Bereut schon, daß sie übers Meer

Zu früh herüberkam.

Quelle:
Nikolaus Lenau: Sämtliche Werke und Briefe. Band 1, Leipzig und Frankfurt a.M. 1970, S. 327-328.
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