An die Hände seines Seligmachers

[288] Liebster Jesu, sei gegrüßet,

Sei gegrüßet tausendmal,

Der du hast vor mich gebüßet,

Als man dir mit großer Qual

Deine Händ' ans Kreuz geschlagen

Und sie lassen Sünde tragen.

Seid gegrüßet, o ihr Hände,

Was vor Rosen stehn in euch!

Schöne Rosen, welch' am Ende

Christum machen rot und bleich;

Ach, ich sehe da mit Haufen

Blut aus ihren Wunden laufen!

Herr, ich muß ans Herz itz drücken

Diese Wunden purpurrot,

Die mir Leib und Seel' erquicken

In der allerhöchsten Not;

Herr, mich dürstet, dieß sind Gaben,

Die mich kräftig können laben.[288]

O, wie bist du doch so günstig

Allen Sündern dieser Welt!

Ja, wie liebest du so brünstig

Was der Erdkreis in sich hält!

Herr, du trägest aus Erbarmen

Bö und Gut' in deinen Armen.

Nun, ich stelle dir Geplagten

Einen großen Sünder für:

Sei barmherzig mir Verzagten,

Oeffne deine Gnadenthür;

Pflegst du doch das einzulassen,

Was dich kan im Glauben fassen.

Ziehe mich, der du gezogen

Mit den Händen an den Baum,

Hilf, daß ich, dadurch bewogen,

Dir in mir stets mache Raum;

All mein Können, Wollen, Wissen

Sei nur auf dein Kreuz geflissen.

Laß mich deine Liebe schmecken,

Weil ich sehnlich nach ihr dürst',

Ich wil meinen Geist erwecken

Dir zu Dienst', o Lebensfürst;

Alles Trübsal wird mich lassen,

Kan ich nur die Laster hassen.

Seid gegrüßet, o ihr Hände,

Gebet mir doch volle Macht,

Daß ich mich im Glauben wende,

Euch zu danken Tag und Nacht;

Lasset doch mit heißen Thränen

Mich nach euren Wunden sehnen!

Nun, so bin ich rein gebadet,

Liebster Herr, in deinem Blut;

Es ist niemand, der mir schadet,

Denn ich leb' in deiner Hut.

Jesu, nim am letzten Ende

Meine Seel' in deine Hände!

Quelle:
Johann Rist: Dichtungen, Leipzig 1885, S. 288-289.
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