13. Lied eines Landmanns in der Fremde

[268] Traute Heimat meiner Lieben,

Sinn' ich still an dich zurück,

Wird mir wohl, und dennoch trüben

Sehnsuchtsthränen meinen Blick.


Stiller Weiler, grün umfangen

Von beschirmendem Gesträuch,

Kleine Hütte, voll Verlangen

Denk' ich immer noch an euch!
[268]

An die Fenster, die mit Reben

Einst mein Vater selbst umzog;

An den Birnbaum, der daneben

Auf das niedre Dach sich bog;


An die Stauden, wo ich Meisen

Im Holunderkasten fing;

An des stillen Weihers Schleusen,

Wo ich Sonntags fischen ging.


Was mich dort als Kind erfreute,

Kommt mir wieder leibhaft vor;

Das bekannte Dorfgeläute

Wiederhallt in meinem Ohr.


Selbst des Nachts in meinen Träumen

Schiff' ich auf der Heimat See;

Schüttle Äpfel von den Bäumen,

Wäss're ihrer Wiesen Klee;


Lösch' aus ihres Brunnens Röhren

Meinen Durst am schwülen Tag,

Pflück' im Walde Heidelbeeren,

Wo ich einst im Schatten lag.


Wann erblick' ich selbst die Linde

Auf den Kirchenplatz bepflanzt,

Wo gekühlt im Abendwinde

Unsre frohe Jugend tanzt?


Wann des Kirchturms Giebelspitze

Halb im Obstbaumwald versteckt,

Wo der Storch auf hohem Sitze

Friedlich seine Jungen heckt?
[269]

Traute Heimat meiner Väter,

Wird bei deines Friedhofs Thür

Nur einst, früher oder später,

Auch ein Ruheplätzchen mir?

Quelle:
Deutsche Nationalliteratur, Band 41, Stuttgart [o.J.], S. 268-270.
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