1. Von der Akademie

[15] Ein großes Fest! – Laßt, Freunde, laßt erschallen! –

Ein schönes Fest weckt uns zu edler Lust!

Laßt himmelan den stolzen Jubel hallen,

Und Dankgefühl durchwalle jede Brust.


Einst wollte die Natur ein Fest erschaffen,

Ein Fest, wo Tugenden mit Grazien[15]

Harmonisch ineinandertrafen

Und in dem schönsten Bunde sollten stehn,


Und dieses Fest aufs reizendste zu zieren,

Sah die Natur nach einem Namen um –

Franziskens Namen sollt es führen,

So war das Fest ein Heiligtum!


Und dieses Fest, ihr Freunde, ist erschienen,

Euch jauchz ichs mit Entzücken zu!

Jauchzt, Freunde, jauchzt mir nach: Es ist erschienen,

Und hüpft empor aus tatenloser Ruh!


Heut wird kein Ach gehört – heut fließet keine Träne;

Nur froher Dank steigt himmelwärts!

Die Luft erschallt von jubelndem Getöne,

Franziskens Name lebt durch jedes Herz.


Sie ist der Dürftgen Trost – sie gibt der Blöße Kleider,

Dem Durste gibt sie Trank, dem Hunger Brot!

Die Traurigen macht schon ihr Anblick heiter

Und scheucht vom Krankenlager weg den Tod.


Ihr Anblick segenvoll – wie Sonnenblick den Fluren,

Wie wenn vom Himmel Frühling niederströmt,

Belebend Feuer füllt die jauchzende Naturen,

Und alles wird mit Strahlen überschwemmt,


So lächelt alle Welt – So schimmern die Gefilde,

Wenn sie wie Göttin unter Menschen geht,

Von ihr fließt Segen aus und himmelvolle Milde

Auf jeden, den ihr sanfter Blick erspäht,


Ihr holder Name fliegt hoch auf des Ruhmes Flügeln,

Unsterblichkeit verheißt ihr jeder Blick,

Im Herzen thronet sie – und Freudentränen spiegeln

Franziskens holdes Himmelbild zurück.[16]


So wandelt sie dahin auf Rosenpfaden,

Ihr Leben ist die schönste Harmonie,

Umglänzt von tausend tugendsamen Taten,

Seht die belohnte Tugend! – Sie!


O Freunde, laßt uns nie von unsrer Ehrfurcht wanken,

Laßt unser Herz Franziskens Denkmal sein!

So werden wir mit niedrigen Gedanken

Niemalen unser Herz entweihn!


Quelle:
Friedrich Schiller: Sämtliche Werke, Band 1, München 31962, S. 15-17.
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