Kaiser Karl

[261] Herr Kaiser Karl, der fromme Mann,

Ließ viele Menschen zu Tode schlahn;

Er schlug sie tot um das Christentum:

Das brachte ihm ungeheuren Ruhm.


Und saß zu Aachen in seiner Pracht,

Im Wams aus Otternfell gemacht;

Und alle Völker nah und fern,

Die beugten sich dem gewalt'gen Herrn


Und brachten Geschenke aus aller Welt,

Viel Gold und Seiden und Gezelt;

Ihm bracht der Kalif aus Morgenland

Eine Uhr und einen Elefant.


Doch Kaiser Karl, der fromme Held,

Er sprach: »Was nutzt mir Gold und Geld,

Was soll der fremde Elefant? –

Hab schönre Dinge im eignen Land!«


Und zog hinauf den grünen Rhein,

Und pflanzte die Rebe zu Ingelheim;

Und pflegte sie mit derselben Hand,

Die hundert Völker überwand,
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Ja pflegte sie mit der blutroten Hand,

Die hundert Völker überwand –

Und dies ist der Grund, daß zu Ingelheim

Noch heute wächst der blutrote Wein.
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Quelle:
Georg Weerth: Sämtliche Werke in fünf Bänden. Band 1, Berlin 1956/57, S. 261-263.
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