Achtes Bruchstück

Liebe

[37] 143

Kunden muß man aus zu echtem Wohle

Was man als den Friedenspfad erkennen kann:

Mächtig schreiten grade hin, im Herzen mild,

Unverstörbar sanft im Busen, ohne Stolz.


144

Heiter leben, wohlzufrieden leicht,

Ungeschäftig um zu scheiden ledig ab:

Lauter so die Sinne halten, hellgemut,

Keinem lästig still von Haus zu Hause stehn.


145

Auch geringe Regel übertreten nicht,

Wo da Kenner Rüge sprächen andern aus;

Glücklich soll ein jeder, sicher sein,

Allen Wesen wünsch' ich Heil nach ihrer Art.


146

Was uns irgend an lebendig blickt,

Ob nun zart, ob grob geraten, was es sei,

Groß gegründet ob es mächtig um sich greift,

Oder Mitte hält, auch winzig klein besteht:


147

Sichtbar was geworden, was unsichtbar bleibt,

In der Ferne was auch wandelt, nahebei,

Leben wo da atmet oder atmen will:

Allen Wesen wünsch' ich Heil nach ihrer Art.


[38] 148

Keiner soll den andern hintergehn,

Soll um nichts ihn je verachten hier:

Ohne Feindschaft, ohne Haßgefühl,

Übel wünschen wird man nicht dem Nächsten an.


149

Wie die Mutter ihres Leibes eigne Frucht,

Mit dem Leben schützen mag ihr einzig Kind:

Also mag man alles was geworden ist

Unbegrenzbar einbegreifen in der Brust.


150

Liebe soll durchleuchten so die ganze Welt,

Unbegrenzbar einbegreifen in der Brust:

Oben, unten, mitten quer hindurch

Unermeßlich strahlen, ohne Grimm und Groll.


151

Ob man stehn, ob gehn, und ob man sitzen mag,

Niederliegen, treibt man nur die Trägheit aus:

Innig mag den Geist man gründen so,

Heilig, darf man hier es heißen, heimgekehrt.


152

Keine Ansicht irgend mehr empfangen,

Tüchtig taugen weil der Blick ward abgeklärt:

Wünschen ohne Gier entzogen fern

Geht gewiß nie wieder in den Schoß man ein.

Quelle:
Die Reden Gotamo Buddhos. Bd. 3, Zürich/Wien 1957, S. 37-39.
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