Die Prise

Die Prise

[555] Der Herr Direktor sitzt beim Wein

Und schaut gar sehr verdrießlich drein.
[555]

Die Prise

Die Prise

Das Auge schweift ins Grenzenlose;

Die Hand greift nach der Tabaksdose.


Das wohlgeübte Fingerpaar

Erfaßt so viel, als möglich war.


Die Prise

Die Prise

Und sparsam, selbst im Überfluß,

Vertieft er sich in den Genuß.


Zwar fühlt er sich zunächst geniert,

Weil er nur halbe Wirkung spürt.


Die Prise

Die Prise

[556] Doch soll ein mildes Nasenreiben

Die Sache fördern und betreiben.


Auch wird das Sacktuch, blaugeblümt,

Als Nasenfeile sehr gerühmt.


Die Prise

Die Prise

Und hilft auch alles dieses nicht,

So hilft ein Blick ins Sonnenlicht.


Die Spannung steigt, der Drang wird groß –

Nur still! gebt acht! – gleich drückt er los![557]

Die Prise

Haptschih! – Wer schnupft und dieses hört,

Der findet es beneidenswert.


Die Prise

Denn was die Seele dumpf umhüllt,

Wird plötzlich heiter, klar und mild.


Die Prise

Ja! – Sehr erheitert uns die Prise,

Vorausgesetzt, daß man auch niese!
[558]


Quelle:
Wilhelm Busch: Werke. Historisch-kritische Gesamtausgabe, Bde. I-IV, Band 1, Hamburg 1959, S. 555-559.
Lizenz:

Buchempfehlung

Hoffmann, E. T. A.

Die Serapionsbrüder

Die Serapionsbrüder

Als Hoffmanns Verleger Reimer ihn 1818 zu einem dritten Erzählzyklus - nach den Fantasie- und den Nachtstücken - animiert, entscheidet sich der Autor, die Sammlung in eine Rahmenhandlung zu kleiden, die seiner Lebenswelt entlehnt ist. In den Jahren von 1814 bis 1818 traf sich E.T.A. Hoffmann regelmäßig mit literarischen Freunden, zu denen u.a. Fouqué und Chamisso gehörten, zu sogenannten Seraphinen-Abenden. Daraus entwickelt er die Serapionsbrüder, die sich gegenseitig als vermeintliche Autoren ihre Erzählungen vortragen und dabei dem serapiontischen Prinzip folgen, jede Form von Nachahmungspoetik und jeden sogenannten Realismus zu unterlassen, sondern allein das im Inneren des Künstlers geschaute Bild durch die Kunst der Poesie der Außenwelt zu zeigen. Der Zyklus enthält unter anderen diese Erzählungen: Rat Krespel, Die Fermate, Der Dichter und der Komponist, Ein Fragment aus dem Leben dreier Freunde, Der Artushof, Die Bergwerke zu Falun, Nußknacker und Mausekönig, Der Kampf der Sänger, Die Automate, Doge und Dogaresse, Meister Martin der Küfner und seine Gesellen, Das fremde Kind, Der unheimliche Gast, Das Fräulein von Scuderi, Spieler-Glück, Der Baron von B., Signor Formica

746 Seiten, 24.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.

434 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon