Sie

[166] Freude, wem gleichst du? Umsonst streb ich zu wählen. Du bist

Allem, was schöner ist, gleich, allem, das hoch

Sich erhebet, allem, was ganz

Rühret das Herz.


O, sie kennen dich nicht! Wissen sie, daß du nicht kommst,

Wenn sie dir rufen? daß du, Freieste du,

Sie, wenn zu zwingen sie wähnen, verlachst,

Fliehend verlachst?


Freieste, aber du bist Fühlenden, Redlichen hold,

Lächelst ihnen. Du labst dann wie der West,

Blühest wie Rosen, welche mit Moos

Gürten ihr Blatt,


Glühst von der Lerche Glut, hebt sie gen Himmel sich, weinst,

Wie die gekränzete Braut, wie, wenn den Sohn,

Junge Mutter nunmehr, sie umarmt,

Drückt an ihr Herz.


Aber du weinest auch, wenn mit der Wehmut du dich

Einst und der Tröstung. Besucht oft sie, ihr drei,

Denen ihr liebe Gespielinnen seid,

Grazien seid!

Quelle:
Friedrich Gottlieb Klopstock: Ausgewählte Werke. München 1962, S. 166.
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Ausgewählte Oden und Elegien
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